Heilung – Teil 1

… aus „Heilung und Gebet“, ISBN 978-620-2-44280-0

Copyright Theophil Tobler und 2018 International Book Market Service Ltd., member of OmniScriptum Publishing Group

Erster Teil: Heilung

Gesunde und Kranke, Krankheit und Heilung

Was bedeutet: gesund oder krank sein?

Die Zeiten

Die paradiesische Zeit

Wir leben in der heutigen Welt

Die ‚3 K’: Krankheit, Katastrophen und Kriege

Die ‚4 H’: Hoffnung, Hilfe, Heilung und Heil

Die zukünftige Heilszeit steht noch bevor

Gesundheit und Krankheiten

Ist die Krankheit eine Strafe?

Und die Umgebung?

Gesundheit und Wellness

Was haben Kranke zu erwarten?

Warten auf Gesundheit?

Antworten und offene Fragen

Verschiedene Angebote

Was können Gesunde geben?

Mitmensch sein

Almosen oder Wohltat?

Die Hand, eine Berührung

Wunder?

Zwei besondere Wege

Was ist der Sinn des Lebens?

Der Regenbogen – von Margrit Tobler-Müller

Gebetsworte von Blaise Pascal

Heilung

Zum Geburtstag meiner Frau Margrit – im März – erreichte uns eine Karte mit dem Satz: „Wir wünschen Dir das Allerwichtigste – Gesundheit!“ (aus Uelzen/D). Und im Krankenhaus in Winterthur/CH las ich – kurz darnach – den Satz: „Gesundheit ist alles – ohne Gesundheit ist alles nichts! – „Gueti Gsundheit! Gute Gesundheit!“ – oder auch nur „Gsundheit!“ gehört zu den häufigsten Wünschen. Gesundheit ist ein besonderes Vorrecht.

Von Gesunden und Kranken, von Gesundheit und Krankheit, von Heil und Heilung

Was muss über dieses vielschichtige Thema von Gesunden und Kranken, von Krankheit und Heilung gesagt werden?

An Verlautbarungen und auch an Texten fehlt es nicht. Da sind vor allem die etwa 40 Berichte über Heilungen durch Jesus! (Bernhard Martin, Die Heilung, S. 21f). Grossartig! – Aber Lukas, der Arzt (Kolosser 4,14) berichtet: „… sie wollten Jesus hören und von ihren Krankheiten geheilt werden; doch er zog sich an einen einsamen Ort zurück“ (Lukas 5,15f). Was bedeutet das? Ist die Heilung von Krankheiten doch nicht das Wichtigste?

Über den Auftrag Jesu an die Jünger heisst es an erster Stelle: „Er sandte sie aus, dasReich Gottes zu predigen…“ und als Zweites: „Heilt die Kranken“ (Matthäus 10,8).  Was gilt jetzt? Gesundheit für alle? – oder doch nicht?

Wie eine dritte Dimension nennt Kolosser 1,24 das Bekenntnis: „Ich freue mich in den Leiden…“ – Gibt’s denn auch das? auch heute noch?

Gesunde und Kranke, Krankheit und Heilung

Bei diesem vielschichtigen Thema hilft ein Bericht aus der Apostelgeschichte. Die Überschrift sagt: „Petrus und Johannes heilen einen Lahmgeborenen im Namen Jesu“(Apg. 3,1-11).

Es ist die erste von neun konkreten Heilungsgeschichten, die uns in der Apostelgeschichte berichtet wird. Die erste Heilungsgeschichte aus dem Bereich der jungen Christen-Gemeinde hat auch heute einiges zu sagen. Dabei brechen spannende Fragen auf, z.B.:

Was bedeutet gesund oder krank sein?

Was haben Kranke zu erwarten?

Was können Gesunde geben, die das Wohl der Mitmenschen suchen? Und:

Was bedeutet es, in einer Welt von Wunden und Wundern zu leben?

Was bedeutet: gesund oder krank sein?

Im ersten Teil der erwähnten Geschichte sagt Lukas: „Petrus und Johannes… gingen in den Tempel hinauf.“ Offensichtlich: Gesund und rüstig stiegen sie – kurz nach dem Pfingst-Ereignis – die Stufen hinauf zum Gotteshaus. Und im nächsten Atemzug lesen wir: „Ein Mann, der von Mutterleib an lahm war, wurde herbei getragen…“ (Apg. 3,2). Ein Gelähmter; „choolos“, d.h. gebrechlich, hinkend, lahm. Eine Behinderung, ein Zeichen einer Krankheit, einer Blockade. Das bedeutet: Verhinderung und Ausgeschlossensein: „… vor der Türe des Tempels“ und dazu noch: „vor der Türe…, die die Schöne heisst“ (V. 2). 

Ausgeschlossen vom Schönen des Leben und von den Feiern, das ist die Tragik dieses Mannes. Zwei gehen gesund durch ihr Leben – und einer liegt gelähmt am Boden. So ist das Leben. Wenn bei einem Ballon die Luft – oder das Gas – draussen ist, liegt er leer am Boden.

Gesund sein und krank sein sind Phasen unseres Lebens.Für diese Phasen der Gesundheit oder der Krankheit sind wir „für kurze Zeit auf diesem Planeten zuhause“, las ich im Rundbrief des Frauendienstes. „Für kurze Zeit auf diesem Planeten.“ Was heisst das? Was bedeutet: kurz oder lang?

Drei Zeiten – nennt die seit Jahrhunderten übliche Sichtweise

Die paradiesische Zeit; die nicht mehr paradiesische Zeit, d.h. die Zeit, in der wir leben und die zukünftige Heilszeit, die Vollendung im Reich Gottes.

Die paradiesische Zeit

Sie kennt nach Genesis/1. Mose 1 und 2 für die Zeit vor dem Sündenfall keine Krankheiten oder Leiden. Oder ist etwa Eva einmal – wie meine Frau Margrit in Amerika – in einen stacheligen Kaktus gefallen? Mit allen Folgen und Schmerzen? Schmerzen? Nein, so stellen wir uns ein Paradies nicht vor. Aber für die Zeit nach der Verführung kann ich mir die seelischen, die psychischen Konflikte und die Schmerzen sehr wohl vorstellen. Da erwacht das schlechte Gewissen. Nun wissen sich die Schuldigen ausgestossen. Ausgeschlossen sein wird mit Elend bezeichnet. Und als Elend wurde das Ausland verstanden mit allem Unbekannten und allen Leiden.

Wir – wir leben in der heutigen Welt

Das ging auch Petrus und Johannes und dem Gelähmten nicht anders. D.h. wir leben trotz allem Schönen – und schönen Pforten – nicht in einem Paradies. Und wir leben auch noch nicht in der Herrlichkeit der Vollendung. Jesus kam in die Leiden dieser Welt. Sein Kommen in Herrlichkeit steht noch bevor.

Zwar wird in unserer heutigen Welt an einzelnen Stellen auch von einem „Paradies“ gesprochen z.B. von einem Ferien-Paradies oder sogar von einem Himmel voller Geigen. Da fühlen sich verliebte Teenager – oder von Drogen Berauschte – dem Alltäglichen entrückt. Umso härter ist dann die Rückkehr in den Alltag dieser Welt.

Neben „Paradies und Himmel“ wird ja auch noch von der „Hölle“ gesprochen. Wir denken an die Hölle eines Erdbebens: „Alles wankt!“ –  oder an die Flammenhölle eines Waldbrandes in Australien oder Kalifornien: „Ich bekomme keine Luft mehr, ich ersticke!“ Unvergesslich ist die Hölle eines Zunamis: „Ich gehe unter!“ Es wird aber auch von höllischen Schmerzen gesagt, von Leidenden und Gequälten, die eine solche Zeit als Hölle bezeichneten

Die ‚3 K’: Krankheit, Katastrophen und Kriege

Diese ‚3 K’ gehören leider zu unserer Welt. Das hat auch Jesus erlebt. Und alle drei sind verbunden mit Schmerzen und mit der Unsicherheit über den Verlauf und über den Ausgang. Und doch gibt es neben den ‚3 K’ von Krankheiten, Katastrophen und Kriegen – noch ‚die 4 H.

Die ‚4 H’: Hoffnung, Hilfe, Heilung und Heil

‚Die 4 H’ haben wir noch nicht uneingeschränkt. Wir sind noch nicht am Ziel. Wir sind ja eben noch „für kurze Zeit auf diesem Planeten zuhause.“ Aber: Wer wollte nicht mindestens auf Hilfe und Heilung hoffen? Einige pendeln im Dualismus zwischen dem Guten und dem Bösen hin und her und finden keinen Frieden. Andere haben Gott und der Hoffnung abgesagt und sich dem Atheismus zugewandt – auch sie ohne Frieden. Wir wissen es:

Die zukünftige Heilszeit steht noch bevor

Dabei denke ich besonders an Verheissungen aus den Psalmen wie auch aus dem letzten Buch der Bibel. In Psalm 103,2-3 heisst es: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Der dir alle deine Schuld vergibt und heilt alle deine Gebrechen.“ Die totale Vergebung können wir schon jetzt erleben. Aber die totale Heilung aller Gebrechen erwartet uns erst in der Vollendung. – „Ich bi no am Warte“, sagte die Frau im Pflegeheim – ich bin noch am Warten. Ich antwortete: „Aber mir sind uf em Heiwäg“ – aber wir sind auf dem Heimweg. „Ja, ja, Sie säged’s, uf em Heiwäg“ – ja, ja, Sie sagen es, auf dem Heimweg.

Wenn wir vom Glauben zum Schauen kommen erleben wir, was in Offenbarung 21,4 steht: „Gott… wird alle Tränen abwischen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ Diese Zeit ohne Kriege, Katastrophen und Krankheiten, ohne Schmerzen und Schreie, ohne Leiden und Tod, diese Zeit nennen wir: Zukunft, d.h. das kommt erst.

Wir fragten, was bedeutet gesund oder krank sein?

Gesundheit und Krankheiten

Gesundheit und Krankheit sind – nicht nur verschiedene Phasen des Lebens. „Die Gesundheit ist sehr ungleich verteilt“ – die „physische und psychische“, las ich in der Presse. Gesundheit und Krankheit sind auch mit sehr verschiedenen Empfindungen verbunden.

Da sagt jemand: Heute fühle ich mich ‚vögeli-wohl’ – wohl wie ein Vogel! Und ein anderer Mitmensch seufzt: Ich fühle mich sterbens-elend. Der Zustand und die Empfindungen können auch extrem rasch wechseln. Am morgen – gesund! Am Nachmittag – krank. Am Abend – tot. Oder noch schneller: Bei der Vorarbeit zu dieser Predigt kam Margrit mit dem Bericht nach Hause: Unser Freund, Matthias, ist soeben mit 49 Jahren an einem Herzversagen gestorben. Gesund und tot. Und schon ist alles anders.

Gesundheit und Krankheit können nahe beisammen sein. Auch Gesunde und Kranke sind nahe beieinander, sie sind Nachbarn, sie leben in nächster Nähe beieinander. Nur: Wer ist gesund? Und wer ist krank? Dazu gibt es verschiedene Definitionen.     

Die simpelste Definition sagt: Gesundheit – ist Abwesenheit von Krankheit – und Krankheit – ist eben Abwesenheit von Gesundheit. Ob das hilft?

Ein Arzt definierte Krankheit und sagte: „Krankheit ist die problematische Verkörperung eines Musters. Der Patient wird dadurch gezwungen, dieses Muster, – das ihm widerstrebt und das er bewusst nicht akzeptiert, – zu (er)leben.“ D.h. Kranke sind Patienten, Leidende, die gezwungen werden, etwas zu erleben und zu ertragen, das ihnen widerstrebt. Er bezeichnete Krankheit als „Sprache der Seele“.

Da wird uns bewusst, dass wir eine Einheit sind – wie wir sagen: Eine Einheit von Leib, Seele und Geist. Wir leiden stets mehr oder weniger in allen drei Bereichen. Wir sind eine Einheit und letztlich nicht eine unverbundene Dreiheit.

Da ist unser Leib: der leidet z.B. an Rheuma oder Arthritis; oder der Befund heisst: CA – Krebs. Aber die Krankheit betrifft nicht nur den Leib, nicht nur die schmerzenden Glieder oder Organe. – Auch die Seele, das psychische Erleben ist mit betroffen: die Seele –  psyche – und der Leib – sooma – und sind untrennbar verbunden. Wir nennen – der griechischen Bezeichnung folgend – mit Recht vieles psycho-somatisch.

Und unser Geist?Der Geist, unser Denken und Fragen, kann belastet sein durch schwere Gedanken, vielleicht sogar durch die Frage: Warum bin gerade ich krank geworden? Oder: Womit habe ich das verdient? Oder: hat das alles noch einen Sinn? Und wir denken an den psycho-somatisch leidenden Hiob und an die vielen „Hiob“, die es inzwischen gibt. – Auch bei uns kann Krankheit – zusätzlichzu den Schmerzen -begleitet sein von bedrängenden Fragen und Sorgen und von Anfechtungen, sehr oft vom „Warum“?Warum das? Warum jetzt? Warum ich? Die „Warum“-Fragen zählen zu den quälendsten.

Verschiedene Krankheiten sind mit unterschiedlichem Erleben verbunden. Eine Grippe ist heute meistens unangenehm, aber oft nicht sehr tragisch. Anders ist es, wenn der Arzt von einer Geschwulst, einem Knoten  spricht. Da heisst es z.B. Vererbung – oder eben: CA „Krebs“.

Als der Spezialist bei mir von „Krebs“ sagte, ging ich heim, um die letzten Dinge des Lebens vorzubereiten. Ein Todesurteil? Aber dann war es – welche Gnade! – doch nichts Bösartiges. – Andere haben diese Diagnose „Krebs“ bekommen. Sie haben die Krankheit am eigenen Leib und Leben schmerzhaft erfahren.

Wir können andere Krankheiten aufzählen – bis hin zu Alzheimer und Demenz oder zu  vorgeburtlicher Schädigung. Ich denke an das Gespräch mit einem Juristen. Bei seiner Geburt hiess es: Contergan-Schädigung. An der Achsel hat er ein paar ungestalte Finger. Aber er lebt. Und er arbeitet in seinem Beruf und er hat eine zierliche Frau, die ihm hilft. – Hinzu kommt oft noch die andere Frage:

Ist die Krankheit eine Strafe?

Ist Krankheit eine Strafe für irgend ein Vergehen? – Ein Satiriker meinte: „Der Fromme lebt gesünder. Doch schöner lebt der Sünder“ (Kurt v. Vigier). Das ist ein „schöner“ Irrtum. – Können Krankheiten auch eine Folge von Sünde sein? Wenn Sünde als „Trennung von Gott“ definiert wird, dann kann das Verhalten in dieser Trennung schon auch zu Krankheit führen. Aber: Krankheit muss nicht Strafe für persönliche Sünde und Schuld sein.

Jesu Jünger gingen bei einem Blind-Geborenen – entsprechend damaliger Denkweise – davon aus, dass die Ursache „Sünde“ sei. Sie fragten Jesus: „Wer hat gesündigt? Dieser oder seine Eltern? dass er blind geboren worden ist?“ Und Jesus antwortete: „Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern: die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden“ (Johannes 9,3f). – Als Ursache für dieses Blindsein schloss Jesus sowohl persönliche Sünde wie auch die Sünde der Vorfahren aus. Nicht wenige suchen die Sünden bei den Vorfahren, unter anderem deshalb, weil sie selber keine Verantwortung übernehmen wollen. An diesem Blindgeborenen sollten „die Werke Gottes“ sichtbar werden. Ein Wunder.

Gewiss: Viele Krankheiten sind Folgen von bekannten oder nicht bekannten Vorgaben. Ich denke an einen Radioprediger vom Schweizer Radio. Er rief mich an und bat mich, ihn abzulösen. Er habe Lungenkrebs und könne den Dienst nicht mehr weiter tun. Ich kannte ihn als Extrem-Raucher. Dann fügte er hinzu: „Ich weiss: Es ist nicht Strafe; es nur eine Folge vom…“ – ja, vom Rauchen. Krankheiten sind offensichtlich sehr oft „Folge“ von etwas; nur wissen wir nicht immer wovon; oder wir möchten es lieber nicht wissen, da wir sonst etwas ändern müssten!

Wer aber krank ist – wie ein Hiob oder wie der Gelähmte vor dem Tempel – kann geplagt werden vom Zweifel an Gottes Gerechtigkeit und Liebe, oder vom Zweifel an Gott selber. Da fehlt oft nicht mehr viel bis zur Resignation: Ich habe ja niemanden, der mir hilft! „Ich habe keinen Menschen“, sagte der Gelähmte am Teich Bethesda. Das sagte er nach der langen Zeit von 38 Jahren Krankheit (Johannes 5,7).

Es gibt zwei Wege: den monologischen und den dialogischen: entweder kreisen wir in Gedanken und mit unserm Monolog um uns selbst, oder wir werden bereit für den Dialog, für das miteinander und – im Gebet – mit Gott.

Und die Umgebung?

Bei Kranken hat ja auch die Umgebung Anteil. Der „von Mutterleib an“ Gelähmte in Apg. 3 ist seit 40 Jahren (4,22) eine Last für seine Nächsten. Da konnten ihn und die andern die Fragen quälen: Wie lang muss ich noch leiden? Wie lang muss ich noch auf die Hilfe anderer angewiesen sein? Wie lang noch gelähmt hierher gebracht werden? Lebenslänglich? „Von Beruf: krank…“– Ein schweres Los! – Und die Angehörigenfragen sich: Wie lange muss er wohl noch hierher „getragen“ werden? Getragen werden und ertragen werden?

Neben der Frage nach Gott steht ja immer auch die Frage nach den Mitmenschen. – Der Gelähmte vor dem Tempel hatte immerhin Leute, von denen er „herbeigetragen“ wurde. Andere gleiten in ihrem Alleinsein von der Resignation in die Depression. Da heisst es schnell: „Für mich gibt es keine Hilfe mehr und für mich ist auch niemand da.“ Das ist der oft unausgesprochene Seufzer. – Wirklich? Oder sehen wir sie nicht – die andern? Und bitten wir nicht?

Manchmal ist die Umgebung mit verursachend. Wir leben in einer vergifteten Welt; da ist oft auch das zwischenmenschliche Klima vergiftet durch Streit und Stress, durch Lieblosigkeit und Mobbing, ja, durch Hass. Kranke wurden schon als „Märtyrer der Umwelt“ bezeichnet (Margret Wanner, Worte S. 72). Umgekehrt haben die noch „Gesunden“ auch Anteil am Kranksein der Kranken. Wir kennen das Mit-Leiden – und auch das Mit-Erkranken.

Gesundheit und Wellness

Gerhard Uhlenbruck sagte: „Gesundheit ist die Summe aller Krankheiten, die man nicht hat.“ Wissen wir jetzt mehr? Peter Baum meint: „Die Gesundheit des Menschen zu definieren, geht über die Möglichkeiten der wissenschaftlichen Medizin hinaus.“ Punkt.  –  Die allgemeine Antwort ist eine Wertung: „s’Wichtigscht isch doch Gsundheit!“ Gesundheit – das Wichtigste? Immerhin. Die Frage: Was uns das Wichtigste ist – oder welche Beziehung mir die Wichtigste ist, das ist eine Frage, die nicht unbeantwortet bleiben darf.  – Ist Gesundheit: sich wohl und zufrieden fühlen?                                                                                       

Als 1654 der Begriff „Wellness“ auftauchte, bedeutete er: „von guter Gesundheit“ sein. Georg Christoph Lichtenberg prägte den weisen Satz: „Das Gefühl für Gesundheit erwirbt man sich nur durch Krankheit“ (M. Wanner, Worte S. 49). D.h.: Wer nie krank war, kann die Gesundheit gar nicht richtig schätzen. Aber wer gesund wurde, kann sagen, was ihm nun beides ganz persönlich bedeutet. – Mir fiel das englische Wort „wholeness“ ein, d.h.: Ganz sein. – Damit kommen wir zur Frage:

Was haben Kranke zu erwarten?

Der Bericht in Apg. 3 fasst die Erwartung dieses Kranken ganz knapp zusammen: „ein Almosen“: „Als er Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel hineingehen wollten, bat er sie um ein Almosen“ (V. 2f). Ein Almosen? Was ist das? Das neue Duden Lexikon sagt: „Gabe, kl. Spende für Bedürftige; abwertend: dürftiges Entgelt.“  

Das griechische „eleämosünä“ hat mit Erbarmen zu tun und kann auch mit „Wohltat“ übersetzt werden. Was erwartet nun dieser Kranke? Vordergründig: eine kleine Spende, eine Gabe? Eine Krankenkasse oder Invalidenversicherung hatte er ja nicht. „… en Batze“ – einen Euro? Zu viel soll man ja nie erwarten. Oder erwartete er – zutiefst im Herzen – doch nicht nur irgend eine Gabe – sondern eine „Wohltat“?

Erwarten Kranke ein „Placebo“, ein Scheinmedikament? Ein scheinheiliges Geschenk? Etwas, das nicht hilft? Ein Traktat, das sie traktieren soll?  Oder ein paar Ratschläge –  Schläge in Raten? Hoffentlich kein k.o. – Oder erwarten sie eine ganz persönliche Wohltat?

Oft gehen wir als Kranken-Besucher von unsern eigenen Vorstellungen aus. Wäre es nicht besser, Kranke zu fragen, was sie brauchen und wünschen? Natürlich gibt es auch Überraschungen: Im Spital fragte ich Vreni, eine Bauerntochter, nach ihrem Wunsch. Und? Ihre Antwort war: „1/2 Pfund Aufschnitt.“ Ich brachte es ihr. Das schloss ja das Gebet für und mit Vreni nicht aus.

Warten auf Gesundheit?

Jesus fragte den Kranken, der seit 38 Jahren beim Teich Bethesda lag: „Willst du gesund werden?“ Joh. 5,6. Erstaunlicherweise sagte dieser nicht: „Ja!“ Er beklagte seine Situation, denn er hatte ja gewisse Vorstellungen, wer oder was ihm helfen könnte. Aber Jesus sah für ihnen einen andern Weg: Er heilte ihn – anders als erwartet.

Schon oft wurde gefragt: Hat Jesus in jener Zeit alle Kranken geheilt? Antwort: Nein. Lukas erwähnte es schon: „Sie wollten… von ihren Krankheiten geheilt werden; doch er zog sich an einen einsamen Ort zurück“ (Lukas 5,15f). Und beim Teich Bethesda waren „fünf Hallen, in diesen lag eine Menge von Kranken, Blinden, Lahmen und an Abzehrung Leidenden“ (Johannes 5,2f). Warum wurde nur einer geheilt?

Johannes gibt uns die Antwort mit dem Wort „Zeichen.“ Allein im Johannes-Evangelium wird dieses Wort „Zeichen“ mehr als ein Dutzend Mal genannt. In Joh. 6,48 z.B. als „sämeia kai terata“ – als „Zeichen und Wunder“. Diese Ausnahmen, diese Zeichen und Wunder weisen bei Jesus über das jetzige Zeitalter hinaus. Sie weisen hin auf das kommende Reich Gottes. Viele möchten jetzt schon Wunder um Wunder – aber ohne Reich Gottes…

Im Rahmen der „Menschenrechte“ und „Milleniumsziele“ wurde das „Recht auf Gesundheit“ postuliert. Ist das in unserer Welt nicht „utopisch“? Ist denn unsere Welt eine schmerzfreie Welt?

Antworten und offene Fragen

In einem Gottesdienst sagte N.J. von einem Kind der Gemeinde: „Mir wüssed nid, warum si so en Rugge hät“ – „Wir wissen nicht, warum sie einen solchen – kranken – Rücken hat“. Wir wissen es nicht. 

Anders war es bei Frau Z. Sie hat keine Hände, keine Unterarme und keine Beine. So wurde sie geboren. Sie selber erklärt als 55-Jährige: „Bei mir hat in den ersten Wochen der Schwangerschaft die Zellteilung anders funktioniert. Also bin ich eine Laune der Natur und weder Gotteswille noch Teufelswerk.“ Es wurde ihr berichtet: „Der Pfarrer weigerte sich, mich zu taufen.“ Aber der Grossvater meinte: „Man kann diese Kind jedenfalls umhertragen und lieb haben.“ Lieben heisst die grosse Möglichkeit.

Die Aussage über die „Natur“ steht mit Recht in logischem Gegensatz zu unchristlichen Behauptungen, wo durch eine falsch verstandene Prädestinationslehre alles als Gottes Bestimmung gelehrt wird (vergl. Leben mit einer Vision, bes. S. 22ff).

Es ist verständlich, dass wohl die meisten Kranken in irgendeiner Form Heilung erwarten. Je nach dem, wohin und an wen sich Kranke mit ihrer Erwartung wenden, wird die Hilfeleistung verschieden sein.

Verschiedene Angebote

– Die Römer sagten: „Medicus curat – natura sanat“ – „Der Mediziner kuriert – die Natur heilt.“ Die Natur hat wieder vermehrt Konjunktur. Sie wurde erneut für viele zur Natur-Religion.  

Mark Twain warnte: „Vorsicht beim Lesen von Gesundheitsbüchern: Du könntest an einem Druckfehler sterben.“ 

– Andere beten mit Jeremia 17,14: „O Herr, heile du mich, so werde ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen; denn du bist meine Hoffnung.“ Die Erwartung heisst bei diesem Gebet nicht: „… so werde ich gesund.“ Viel umfassender – für Leib, Seele und Geist – ist die Gewissheit: „So werde ich heil!“ – Kranke, die „heil“ werden möchten, haben die grösste Chance. Sie finden zum Sinn, zur Gemeinschaft mit Gott. Theologisch heisst das: „Deus sanat – Gott! heilt“

Aus ärztlicher Sicht und aus christlich-biblischer Sicht kann je nach Situation Verschiedenes geschehen: Heilung oder nur Veränderungen; teilweise Besserung – oder ein Fortschreiten der Krankheit, als Krankheit, die zum Tod führt. Der Tod gehört zu dem, was auf dieser Welt ganz gewiss ist. Er erwartet Gesunde und Kranke. 

Der Gelähmte in Apg. 3 hatte eine Erwartung an Petrus und Johannes: Er bat um ein Almosen, eine Gabe, eine Wohltat. Er bat nicht um Heilung. Und doch wurde sie ihm zuteil – auf das Wort hin von Petrus und Johannes. – Damit kommen wir zur einer der wichtigsten Fragen:

Was können Gesunde geben?

Was können die geben, die das Wohl der Mitmenschen suchen? Haben denn die Gesunden den Kranken etwas zu geben? Sind dafür nicht speziell die Ärzte da? Sicher; ihr Beruf steht im Dienst an den Kranken. Allerdings wird von ihnen unterschiedlich gesprochen.

– Der Zyniker Voltaire sagte: „Ärzte schütten Medikamente – von denen sie wenig wissen / zur Heilung von Krankheiten – von denen sie noch weniger wissen / in den Menschen hinein – von dem sie gar nichts wissen“ (Ilse Gutjahr, Grüsse an deine Seele). Es ist eine berechtigte Frage: Was weiss ein Arzt vom Patienten oder von der Patientin – als Person?

– Ganz anders tönt es über die Ärzte im Buch Jesus Sirach (Kp. 38). Da heisst es: „Ehre den Arzt…, damit du ihn hast zur Zeit der Not, denn der Herr hat ihn geschaffen, und die Arznei kommt von dem Höchsten.“ Verstanden? – John Wesley, der Mitbegründer der methodistischen Bewegung, war zwar nicht Arzt sondern Pfarrer, aber er versuchte den Kranken seiner Zeit auch mit Medikamenten und Therapien zu helfen.

„Ich bin der Herr, dein Arzt“ sagte Gott bereits im alten Bund (Exodus/2. Mose 15,26). Und Jesus reihte sich ein in die Gruppe der Helfenden, denn er wusste: „Die Kranken bedürfen des Arztes“ (Lukas 5,31). Er wurde ihr Arzt; er brachte Hilfe, Heilung und Heil. Mit Recht wies Philippus den Äthiopier auf Jesus hin mit den Worten aus Jesaja 53: „Er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen.“

Mitmensch sein

Was tun nun die beiden erwähnten Nachfolger Jesu?Petrus und Johannes waren ja Beauftragte Jesu. Sie zählten zu den 12 Aposteln. Sie bekamen von Jesus „Macht und Gewalt über alle Dämonen und zur Heilung von Krankheiten; er sandte sie aus, das Reich Gottes zu predigen und zu heilen“ (aus Lukas 9,1-10).

Und nun sind Petrus und Johannes nachmittags um drei Uhr auf dem Weg zum Tempel – zur Gebetszeit. Was haben sie einem gelähmten Bettler zu geben? Einem, der sie kaum anschaut? Als Erstes heisst es: „Petrus aber blickte ihn an – mit Johannes – und sprach: Sieh uns an!“ Das Erste, das sie ihm geben, ist Zeit – und das Zweite: eine ganz persönliche Begegnung Auge in Auge. Beauftragte haben von Petrus und Johanes gelernt: Zeit schenken – und damit: eine ganz persönliche Begegnung ermöglichen. 

Es geht nicht darum, einen „Fall“ oder eine bestimmte „Krankheit“ zu behandeln! Es geht in erster Linie um diese „Person“, sagte der Arzt Paul Tournier. Diese Person braucht Hilfe. Und diese Person merkt es, wenn sie als Person ernst genommen wird; merkt, ob es eine „heilsame Begegnung“ ist oder war – oder nicht.

Der Gelähmte „heftete den Blick auf sie in der Erwartung (!), etwas von ihnen zu empfangen“ V. 5. Doch, was konnten sie geben? Jesus hatte zu ihnen gesagt:  „Nehmt nichts mit auf den Weg, weder Stab noch Tasche noch Brot – noch Geld…“ (Luk. 9,1-3). Da stehen die beiden vor dem Gelähmten, dem Kranken, dem Bettler; offensichtlich ohne Stab und Tasche, ohne Brot und ohne Geld. Gerade so haben sie das Wichtigste zu geben.

Almosen oder Wohltat?

Almosen“ hatten sie nicht! Was sie schenkten war eine echte „Wohltat“. Das ist der grosse Unterschied. „Da sprach Petrus: Silber und Gold besitze ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth: geh umher.“ Lauf! „Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf“ (V. 7). Der Anblick, ein Wort und die ihn ergreifende Hand.

Der Beauftragte gibt, was er hat; mehr kann er nicht. Petrus konnte nicht Heilung verteilen! Aber er gebietet – im Namen Jesu – dem Gelähmten aufzustehen und zu gehen. Dieses Gebieten ist offensichtlich nicht allen gegeben.

Es gibt Leute, die meinen, es könne jeder und jede einfach so den Namen Jesu nennen und gebieten, und Kranke seien geheilt. Einige versuchen es, ohne den Auftrag von Jesus zu haben. Einige tun so, als könnten sie das; und wie sind die Ergebnisse? Ich denke an einen jungen Lehrer, Vater von drei kleinen Kindern.Mit sogenannt prophetischer Rede wurde ihm gesagt, er sei geheilt! Als er zu mir kam, wollte ich mit ihm über sein nahes Sterben reden. Aber er wähnte sich geheilt – und starb kurz darauf an seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung. – Falsche Propheten wirken verheerend.

Die Hand, eine Berührung

Petrus reichte dem Gelähmten die Hand und richtet ihn auf! Was kann durch eine gütige  Hand und durch das richtige Wort nicht alles geschehen! Auch durch deine Hand und durch dein Wort. „Reden kann die Chemie verändern“, las ich in der Zeitung. Schweigen auch; positiv oder negativ! Und auch eine Hand kann vieles verändern.

Meine Frau Margrit brachte mir zum Thema Krankheit und Heilung eine Broschüre mit der Aufschrift „Die Berührung, die verändert“ (S. 26): „Jedes Mal, wenn in der Schrift – in der Bibel – ein Segen gegeben wurde, bildete die bedeutsame Berührung einen liebevollen Hintergrund für die Worte.“ Da ist die Rede von der Hand, auch vom Handauflegen und sogar von der Umarmung, bei der die berührenden Hände den andern umfassen. Da konnte meine 100-jährige und schwerhörige Tante, Schwester Emmy, bei ihrem 101. Geburtstag nicht genug unsere Hände und Nähe spüren. 

Für Gebeugte, für Gefallene, für physisch oder psychisch Gelähmte, für auf dem Krankenlager Liegende bedeutet eine gütige Hand, Liebe zu spüren und „aufgerichtet“ zu werden! Mit Liebe umgeben zu werden! – „Theoretische Argumente trösten nicht“ und heilen nicht, las ich in der Reformierten Presse.

Zwei besondere Wege

Die Apostel und die frühen Gemeinden kannten – neben dem üblichen Kurieren – zwei besondere Wege: Einerseits heisst es bei der Aufzählung der Gnadengaben: „Dem einen wird durch den Geist Weisheitsrede gegeben…, einem andern Gnadengaben zu Heilungen in dem einen Geist“ – im Geist Jesu Christi, im Geist der Liebe (1.Kor.12,8f ). Es wurde bereits darauf hingewiesen: Diese Gaben hat offensichtlich nicht jeder. Immer aber ist es „Gott, der alles in allem wirkt“ (V. 6).

Der andere Weg ist der des Gebets und der Fürbitte. In Jakobus 5,13ff lesen wir: „Leidet jemand unter euch Ungemach, der bete. Ist jemand guten Muts, der singe Psalmen. Ist jemand unter euch krank, so lasse er die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen, und sie sollen über ihm beten und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufstehen lassen, und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. So bekennt einander die Sünden und betet für einander, damit ihr gesund werdet…“ Auch dieser Weg ist ein Weg der Liebe. Die Heilung ist Gottes Geschenk, denn: „… der Herr wird ihn aufstehen lassen.“ – Hat nun das Gebetgeheilt“ oder hat Gott geheilt? Die Antwort ist klar: „der Herr.“ 

Jesus hat verschiedenen Nachfolgern verschiedene Dienste aufgetragen – auch  für Kranke, damit sie 1. Vergebung finden, 2. gerettet werden, und 3. „gesund“ werden; gesund werden, vor allem „heil“ werden durch Liebe. Paulus sagt: „Wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, habe aber die Liebe nicht, so bin ich nichts“ (1.Korinther 13,2). Ohne Liebe: ist alles nichts!

Petrus und Johannes handelten offensichtlich in dieser Liebe. Sie hatten es von Jesus gelernt. Sie waren von ihm beauftragt und von seinem Geist geleitet. Könnten sie nun alle Kranken – an Jesu Statt – heilen? Nein, das taten sie auch nicht! Der Bericht macht deutlich, dass nicht sie die grossen Heiler waren. Sie hatten nur hellhörig zu sein für das, was Jesus ihnen sagt. Und was er ihnen sagt, das hatten sie zu tun. Darum heisst es: „Im Namen Jesu …“, d.h. Petrus und Johannes waren an diesem Ort und in diesem Augenblick die Boten, durch die Jesu Wort und Tat dem Kranken zuteil wurden – als Zeichen, „im Namen Jesu.“

Damit ist klar: Jesus ist der Handelnde, Jesus ist der Schenkende, Jesus ist der Heilende. Wir – als seine Beauftragten – haben auf seine Stimme zu hören und das zu tun, was er uns heisst. Denn: Auch wir sind nicht die grossen Täter und Heiler, auch wenn wir gerne vielen die Lasten abnehmen möchten, um sie in einem grossen Sack zu entsorgen! Auch wenn wir gerne viele Wunder erleben oder tun möchten, es ist Gottes Wirken.

Wunder?

Was ist denn nun ein Wunder? Viele bezeichnen das Ausserordentliche als Wunder, das Nicht-Alltägliche, das, was die allgemeinen Gesetze und Erfahrungen anscheinend durchbricht. – Im Alten und im Neuen Testament wird da von Wundern gesagt wo Gott wirkt: Die Wunder in der Schöpfung, die Wunder in seinem Wort und die Wunder durch sein Wort – auch an uns und durch uns, wo wir „an Christi Statt“ beauftragt sind (2. Korinther 5,20).

Am Sterbebett eines Todkranken meinte ein Mitarbeiter der Gemeinde: ‚Jetzt ist es an der Zeit, dass auch bei uns ein Wunder geschieht!’ Er meinte, wenn wir tüchtig beten, werde der Todkranke gesund. Ein Wunder? – Das „Wunder“ war schon geschehen; nur anders: Der Todkranke war im Spital zum Glauben an Jesus Christus gekommen und konnte nun im Frieden heimgehen.

Was war das Wunder bei Jesus? Jesus ist den Kranken mit „Erbarmen“ – mit grosser Barmherzigkeit und Liebe begegnet und mit Vergebung. Vielen hat er die Vergebung zugesprochen und dann auch die Heilung zuteil werden lassen – oft auch mit einer Berührung. Er sagte es klar: Wunder geschehen „durch den Finger Gottes“ (Lukas 11,20), d.h. Gott ist der Heilende.

Der Arzt und Begründer der ärztlichen Ethik, Paracelsus (1493-1541), betete: „Du hast uns die Liebe als Arznei gegeben, o Gott, … um den Kranken zu heilen. So wie deine Liebe kein Ende hat, soll auch unser Forschen und Dienen kein Ende haben.“ (Die schönsten Gebete, S. 248).

Heute möchten viele durch vielerlei Kräfte oder Energien zu Heilungen führen. Das ist sicher bei vielen gut gemeint: „Health and Wealth“ – Gesundheit und Reichtum propagieren geschäftstüchtige Gruppen. Andere reisen nach Lourdes. Oder es wurde nach Gwatt am Thunersee eingeladen zum „Workshop: Heilung / Wiederherstellung an Leib, Seele und Geist“. Auch werden Ferienwochen mit sog. Heilungspredigern empfohlen. Oder Graziella– rief in Nottwil mit ihrer Trommel den Heilungskräften. Und Walter Wiedmer im Emmental legte seine Hände auf kranke Stellen oder an den Hals, und Besucher sagten, es gehe ihnen dann besser (SF1). Andere spezialisieren sich auf sog. Fernheilung. Dabei wird auch von Wundern gesprochen – aber auch von Enttäuschten. Der Bericht über einen jungen, querschnittgelähmten Mann steht unter dem Titel: „Wenn Heilungsveranstaltungen lähmen“, und der Text sagt: „Immer wieder muss er im Rollstuhl aus den Veranstaltungen herausgerollt werden“ (idea). Nach der sog. Heilungsveranstaltung – wieder im Rollstuhl.

Ob Paulus auch enttäuscht war, als – nach seiner Bitte um Heilung – sein Leiden blieb? Wo war da das Wunder? Paulus wusste: Nicht jedes Leiden wird weggenommen. Nicht alle Kranken werden geheilt. Und doch erlebte Paulus ein Wunder, das Wunder der Zusage: „Meine Gnade genügt dir!“ So spricht der Herr: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Korinther 12,9). Paulus wusste mit Hiob (aus Hiob 19,25-27) und mit Georg Friedrich Händel im „Messias“: „Ich weiss, dass mein Erlöser lebt!“ Und: „Ich werde Gott schauen; ja, ich werde ihn schauen mir zum Heil!“

Apostelgeschichte 3 sagt uns: Das Wichtigste ist nicht die Gesundheit; das Wichtigste ist das Heilwerden in der Verbundenheit mit Jesus Christus – heil werden zu einem Leben mit ihm und damit zum ewigen Leben. Vom „Gelähmten“ heisst es: „Petrus… richtete ihn auf. Sofort aber wurden seine Füsse und seine Knöchel fest, und er stand auf, stellte sich hin und ging umher und er trat mit ihnen in den Tempel ein, indem er umherging und sprang und Gott pries…“ (aus Apg. 3,6-8). 

Was ist der Sinn des Lebens?

Was ist der Sinn der Krankheit und der Gesundheit und des Lebens ganz grundsätzlich? Geheilt werden oder krank sein bedeutet: Mit und für Jesus Christus zu leben in seiner Liebe. –  Annemarie Stadelmann sagte in ihrer Situation: „…durch Gottes Zusage werde ich heil, auch wenn ich krank bin, krank bleibe und dem Tod entgegensehe“ (Rundbrief  Frauendienst). 

Es ist gut, mit Justus Delbrück zu beten: „In den Tiefen, die kein Trost erreicht, lass doch deine Treue mich erreichen. – In den Nächten, wo der Glaube weicht, lass nicht deine Gnade von mir weichen. – Auf dem Weg, den keiner mit mir geht, wenn zum Beten die Gedanken schwinden, wenn mich kalt die Finsternis umweht, wollest du in meiner Not mich finden“ (Losungen).

Ich halte es mit Paulus: „Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Wir leben nun oder wir sterben, so sind wir des Herrn“ (Römer 14,8). Das ist Leben, auch Leben über den Tod hinaus durch die Auferweckung zum vollen Heil und ewigen Leben. Das bedeutet heute schon Heil und Leben.

     Theophil Tobler, Turbenthal

Der Regenbogen. – Du siehst ihn nicht in der Nacht des Leidens. Erst wenn der Himmel sich aufhellt und der neue Morgen anbricht, wenn Licht und Schatten sich begegnen, das Licht sich bricht in den Tropfen der Tränen. Dann siehst du ihn, wie er sich über den Himmel wölbt mit seinen leuchtenden Farben.

Gelb sagt dir: Es soll kein Tag vergehen, an dem nicht Gottes Licht in dein Leben leuchtet. Rot sagt dir: Gott liebt dich so, als wärest du seine einzige Sorge. Lila sagt dir: Auch im grössten Leid ist Gott bei dir. Blau sagt dir: Keine Nacht ist zu dunkel, als dass Gott dich nicht fände. Grün sagt dir: Hoffe auf ihn alle Zeit. Im Leben lässt sich nicht alles begreifen. Überlass es deinem Gott. Eines Tages wirst du sehen – und nichts mehr fragen.                                     Margrit Tobler-Müller

Gebetsworte von Blaise Pascal: „Gib doch, o Herr, dass ich… krank, wie ich bin, dich in meinem Leiden rühme“ (Theophil Spoerri, Pascal heute, S. 83).  – „Lass mich künftig Leben und Gesundheit nur darum wünschen, dass ich’s gebrauche und beschliesse für dich, mit dir und in dir. Ich bitte dich weder um Gesundheit, noch Krankheit, noch Leben, noch Tod; beschliesse du über meine Gesundheit und über meine Krankheit, über mein Leben und über meinen Tod, nach deiner Ehre, zu meinem Heil, und zum Nutzen der Kirche und deiner Heiligen… Gib oder nimm, mache meinen Willen dem deinen ähnlich… Du allein weisst, was mir heilsam ist“ (Die schönsten Gebete, S. 249).