Matthias Claudius 1 und 2
Zu: Matthias Claudius I.
Der Matthias von Claudius ist mir recht neu verkommen
als erzstabiler Luftibuss, der sich an mancher harten Nuss
hat leidvoll übernommen.
Und trotzdem siegte Heiterkeit im kargen Haus und Garten.
Rebekkas Herz blieb zart und weit, ihr Heim: für Gäste stets bereit.
Auf Kinder gab’s kein Warten. (… 6 Mädchen und 5 Buben)
Ein Töchterchen im Wickeltuch trug er an sich gebunden.
Und manchem weisen Herrn mit Buch ward es bei seinem Tun recht gschmuch.
Man hat’s halt überwunden.
Wenn dieser kluge Träumermann nur wüsste, wie zu leben,
er finge nicht mit Taten an, die er nicht will und auch nicht kann
bei allem Widerstreben.
So bleibt ihm doch die Tinte treu. Er wagt’s in vielen Farben.
Er schreibt – und schreibt auch wieder neu von Sternen, Zähnen und vom Heu
und kennt dabei das Darben.
An Freunden fehlt es wahrlich nicht. Sie helfen und beraten.
Ein jeder spendet etwas Licht von Bühne, Loge und ganz schlicht
als zugewandte Paten.
Er wusste – nach des Tages Last: „Der Mond ist aufgegangen.“
Ein Ende haben Pein und Hast. Der Schöpfer schenkt ihm nun die Rast,
aufs Neue anzufangen.
Zu: Matthias Claudius II.
In sturmbewegten Zeiten erwähltest du: ‚Begleiten‘,
du, Dichter Claudius. Es lag dir nicht, zu streiten.
Den Frieden auszubreiten, das war dein grosses Muss.
Bei Fragen und nach Testen, in Träumen und bei Festen
schwang mit: Wozu bin ich? Es grüssten dich die ‚Besten’
und liessen dir die Resten. Sie suchten eifrig sich.
Du wolltest nicht mithalten bei ihrem neuen Schalten.
Die Treue war dein Feld. Nur: Revolutionen,
die konntest du nicht schonen als einsam stiller Held.
Dein Schöpfer und Erhalter blieb auch im reifen Alter
dir höchstes Ziel und Gut. Vom Weltall bis zum Falter
und stets auch als Verwalter bewahrtest du dir Mut.
Und mit geschliff’nen Worten bewegtest du die Pforten
zu neuem Sinn und Sein. Entbehrtest du auch Torten,
du brachtest aller Orten die Heiterkeit hinein.
Bei Frau und Freund und Kindern liess es sich nicht verhindern,
dass „eine kleine Zeit“ *) die Tage nun liess mindern
und stille Sehnsucht lindern im Blick zur Ewigkeit.
Den Himmel siehst du offen nach Forschen und nach Hoffen,
nach allem Ein und Aus. Du hast die Wahl getroffen:
Der Himmel, der bleibt offen; dein grosses, weites Vaterhaus.
*) aus „Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit …“,
Motett, Asmus 4 in: Martin Geck, Matthias Claudius,
Biographie eines Unzeitgemässen, 2014, S. 201
Theophil Tobler
Turbenthal, 28.12.2014
Worte zum Mitdenken