Warten

Mattes Leuchten / Die Nacht erwacht

Mattes Leuchten

 

Mattes Leuchten bunter Blätter.

Stille Strassen. Feuchte Luft.

Stumme, steife Vogelreihen

auf den Drähten. Keiner ruft.

 

Und im Hag – mit tausend Perlen,

erst gesponnen, kunstvoll, zart –

schweben – ohne sich zu sonnen –

Spinnenfäden feinster Art.

 

Nebel ruht auf Haus und Wiese,

hüllt der Bäume Kronen ein.

Und du fragst dich: Soll das Sonnen

warmer Zeit zu Ende sein?

 

Warte. Warte ein paar Stunden.

All das Graue muss vergehn.

Warte, und du wirst gesunden.

Gott lässt dich die Sonne sehn.

 

Theophil Tobler

Rupperswil, 13.09.1960

Worte zum Mitdenken

17.09.1960 im Aargauer Tagblatt

 

 

Die Nacht erwacht  

 

Die Nacht erwacht.

Der Tag entweicht, und leise wird, wer noch gelacht.

 

Der Abend reicht dem Dunkel schon vertraut die Hand,

und er verbleicht.

 

Ein ferner Ton nimmt ab, verhallt.

Die Welt wird still nach Lärm und Hohn.

 

Streit und Gewalt, die enden da, wo Liebe wächst;

sie wird nie alt.

 

Und wer es sah, nimmt mutig mit, was ewig bleibt.

Der Tag ist nah.

 

Theophil Tobler

Turbenthal, 02.02.2016

Worte zum Mitdenken